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Winterbiwak am Bschießer

Endlich fanden wir Zeit unser Winter-Biwak durch zu ziehen! Ziel war ein Platz im Schnee am Bschießer. Um unser Zelt bauten wir uns eine schöne Schneemauer zum Schutz vor Wind und Schneetreiben und abends kochen wir uns leckeres Essen!

Fast 1 ½ Jahre hat es gedauert, bis wir endlich ein langersehntes Etappenziel auf der Liste der geplanten Aktivitäten unter der Rubrik „durchgeführt“ verbuchen konnten. Es handelt sich dabei um unser 1. Winterbiwak am Fuße des Bschießer-Gipfels im Tannheimer Tal.

Die ursprüngliche Idee, die sich hinter diesem Biwak verbirgt, ist eigentlich eher trivial und orientiert sich an langfristigen Zielen der Gwampis. Seit einiger Zeit haben wir nämlich neben dem „normalen“ Bergsteigen und dem alpinen Klettern das Thema Hochtouren für uns entdeckt. Hochtouren verbinden wir mit einer Faszination, die uns in ihren Bann gezogen hat. Das kombinierte Bergsteigen in Fels und Eis, die bizarre Gletscherwelt mit ihren Spalten, Eisformationen und tief blau schimmernden Wasserläufen und die körperliche Betätigung in teils beträchtlichen Höhen, all das steht für das Ereignis Hochtour. Und dieses Erlebnis wird um so intensiver wenn man die Nächte der meist mehrtägigen Unternehmungen nicht in den sehr komfortablen und daher stets überfüllten Berghütten, sondern abseits des Rummels an für den Gipfelaufstieg im Morgengrauen strategisch günstigen Positionen entlang der Route im Zelt oder Biwaksack verbringt. Und so entstand die Idee, quasi zu Trainingszwecken, ein Hochtourenbiwak in Form eines Winterbiwaks in den heimischen Allgäuer Alpen zu simulieren, um die nötige Ausrüstung zu testen und gegebenenfalls zu verbessern.

Aufstieg zum Biwakplatz am Bschießer

Und so planten wir also unser Biwak erstmalig für die Nacht des 23. auf den 24. Dezember 2002. Als Ort hatten wir uns das Gebiet rund um den Gipfel des Bschießers, eines 2000ers im Tannheimer Tal, ausgesucht, das wir bereits aus verschiedensten Sommer- und Winterunternehmungen kannten. Noch 2 Tage vor Abfahrt schien uns die Schneelage optimal und wir waren guter Dinge als wir mit den Einkäufen (Essen und Trinken) und den Vorbereitungen (Ausrüstungscheck) begannen. In den Rucksäcken befand sich neben dem Proviant und der Ausrüstung, dem feierlichen Anlass entsprechend, auch eine kleine Schachtel mit Kerzen und Lametta, mit denen wir eine Latsche schmücken wollten um eine Bergweihnacht zu feiern. Um die Mittagszeit des 23. brachen wir also auf, allerdings war die Stimmung schon etwas gedrückt, um es mal vorsichtig zu formulieren. Ein plötzlicher Föneinbruch tags zuvor drohte aus dem Winterbiwak ein „kurze-Hose-Event“ werden zu lassen. Bei Temperaturen von +10°C fuhren wir zunächst zum Ausrüster unseres Vertrauens, dem gut sortierten und preislich sehr zu empfehlenden Sport Schindele in Ronsberg um noch einige Kleinigkeiten zu besorgen. Durch das reichhaltige Angebot an bestem Equipment schöpften wir neue Zuversicht, die jedoch beim Verlassen des Geschäfts jäh verschwand. Es hatte begonnen zu Regnen und die Temperaturen waren nochmals gestiegen. Zwar wäre das Biwak natürlich auch unter diesen Bedingungen durchführbar gewesen aber es hätte sicher nicht unseren extremen Ansprüchen genügt und wäre als der geplante Test für die Hochalpen sicher nicht förderlich gewesen, so dass wir schweren Herzens die Zelte abbrachen ehe wir sie überhaupt aufgeschlagen hatten. Auch in den folgenden Tagen änderte sich das Wetter nicht und nach Sylvester begann für Martin der 2. Teil der Eishockeysaison und so mussten wir tatenlos zusehen, wie sich die äußeren Bedingungen zwar verbesserten, wir aber aus zeitlichen Gründen keinen weiteren Versuch starten konnten. Und somit vertagten wir das Biwak auf das darauf folgende Jahr.

Aber auch im Winter 2003/04 war der Wettergott zunächst nicht auf unserer Seite. Es wiederholte sich das Bild des Vorjahres mit einem Wärmeeinbruch über Weihnachten und genau wie im Jahr zuvor hinderte uns im Verlauf des Winters der Spielplan des kleinen Gwampi an der Durchführung des Biwaks. Und als schon keiner von uns mehr damit gerechnet hatte, tat sich über Ostern 2004 eine unerwartete Chance auf. Es lag noch eine beträchtliche Menge Altschnee und in den ersten Apriltagen kam noch einmal eine Portion Neuschnee in den Bergen dazu und die Temperaturen blieben konstant unter 0°C. Nach dem Motto jetzt oder nie packten wir unsere Sachen zusammen, versorgten uns mit dem nötigen Proviant und starteten am Mittag des 9. Aprils 2004 in Richtung Tannheimer Tal. Für die kommende Nacht war noch einmal leichter Schneefall angesagt, sodass wir zuversichtlich waren optimale Bedingungen vorzufinden. Für den Aufstieg wählten wir zunächst die klassische Variante.

Vom Parkplatz des Wannenjochliftes in Schattwald führt ein Weg entlang eines Tobels hinauf in Richtung der Alpe... Im Weiteren entschieden wir uns jedoch nicht die Route über das sonst vielbegangene Wannenjoch zwischen Ponten und Bschießer zu gehen, sondern über ein Kar zwischen Iseler und Bschießer aufzusteigen. Anfangs kamen wir noch gut voran, da der Schnee an einigen Stellen bereits verweht war, sodass fester Grund unter einer dünnen Schneedecke zu spüren war. Kurz darauf änderte sich jedoch das Bild und wir stapften durch knietiefen Schnee, wodurch wir nur langsam aufsteigen konnten. Daher entschlossen wir uns die Route zu ändern und in der Spur einer abgegangenen Lawine mit großen und harten Schneebrocken hinauf zu einem Grat zu gehen, wo wir hofften bessere Bedingungen vorzufinden. Die letzten ca. 50 Höhenmeter bis zum Gratrücken erwiesen sich dann als echtes Abendteuer. Wir bewegten uns in etwa 60-70° steilem Gelände und nahmen oftmals dankend umgestürzte Bäume als eine Art Leiter zu Hilfe.

Was für ein Biwakplatz...

Der folgende Grat entpuppte sich als hervorragend begehbar und so kamen wir trotz teilweise dichten Unterholzes schnell voran und stießen im Bereich der Baumgrenze wieder auf unsere ursprüngliche Route.

Und spätestens hier erkannten wir, dass wir „optimale“ äußere Bedingungen für unser Biwak vorfinden würden. Es hatte zu Schneien begonnen und ein eisiger Wind pfiff uns ins Gesicht. Wir beschlossen noch ein wenig aufzusteigen, gleichzeitig hielten wir aber bereits Ausschau nach einem geeigneten Platz für unser Zelt, da die Sonne schon sehr tief stand. Und so fanden wir schließlich unmittelbar unterhalb des eigentlichen Gipfelaufbaus des Bschießers eine wenige Quadratmeter große, annähernd ebene Fläche zwischen einigen aus dem Schnee ragenden Latschenzweigen. Wir holten die Lawinenschaufeln und das 2-Mannzelt aus den Rucksäcken und begannen unverzüglich mit dem Aufbau. Zuerst schaufelten wir eine Mulde entsprechend dem Grundriss des Zeltes und bauten gleichzeitig aus dem abgeräumten Schnee einen Wall zum Schutz vor dem eisigen Wind auf.

Hierbei kam uns die Schneebeschaffenheit zu Gute. Der Wind hatte den Schnee zu einer festen aber dennoch leichten Platte zusammen gedrückt und wir konnten relativ große Stücke herausbrechen und ähnliche einer Mauer Stein auf Stein aufeinander schichten. Es war bereits dunkel geworden als wir mit dem Aufstellen des Zeltes fertig waren und während Martin die Isomatten und Schlafsäcke im Zelt auslegte und das restliche Equipment in einem Biwaksack außerhalb des Zeltes verstaute, machte ich mich an die Zubereitung unseres Abendessens.

Auf der Speisekarte standen je eine Dose Ravioli und Spaghetti in Tomatensauce mit einer Scheibe Brot und ein Stück Kirschkuchen zum Nachtisch. Während die zweite Konserve auf dem Gaskocher bruzzelte, verschlangen wir drinnen im Zelt bereits gierig die Vorspeise. Nach dem köstlichen Essen verkrochen wir uns in die wärmenden Schlafsäcke, da draußen Temperaturen (wie erhofft) deutlich unter 0°C herrschten. Die Zeit bis zum Schlafen vertrieben wir uns mit dem kombinierten Karten- und Brettspiel „Grip“, das uns wegen seiner Handlichkeit fast überall hin begleitet. Gegen 22.00 Uhr legten wir uns dann zum Schlafen. Relativ früh am nächsten Morgen (so gegen 4.30 Uhr) erwachten wir leicht fröstelnd aber keineswegs frierend nahezu gleichzeitig. Da wir keinen Schlaf mehr finden konnten, machten wir uns zuerst einmal ans Frühstücken, ehe wir einen Blick aus dem Zelt warfen. Doch was wir dann erspähten, erfüllte uns sofort mit neuem Tatendrang. Es hatte während der gesamten Nacht geschneit, sodass etwa 10-20 cm Neuschnee gefallen waren. Wir entschlossen uns das Zelt abzubauen und nicht benötigtes Equipment, wie etwa Schlafsack oder Isomatte geschützt in einem Biwaksack zurück zu lassen und nur mit einem kleinen Rucksack und unseren Ski (1 paar Bigfoots und 1 paar Firngleiter aus den 60er Jahren) zum Gipfel aufzusteigen. Leider blieb uns ein spektakulärer Sonnenaufgang verwährt, da wir uns in einer dichten Wolkenschicht bewegten und nur ab und zu waren blau schimmernde Stellen am Himmel zu erkennen. Auch oben auf dem Gipfel, den wir etwa gegen 6.30 Uhr erreichten betrug die Sichtweite weniger als 20 Meter.

Demzufolge schnallten wir uns bald die Ski unter und begannen mit der Abfahrt. Wobei Abfahrt eine sehr wohlwollende Bezeichnung für unsere Fortbewegung ist.

Auf dem Bschießer (2000m)

Wir bewegten uns eher wie der sprichwörtliche Storch im Salat, der noch dazu auf rohen Eiern tanzt. Zwar bieten unsere Eistourenschuhe eine vergleichsweise hohe Steifigkeit, sind aber keineswegs mit einem Skischuh vergleichbar. Und so hatten wir unsere liebe Müh und Not uns auf den Beinen zu halten, da sich unter dem Neuschnee eine tückische Eisschicht befand, die uns vor das ein oder andere Problem stellte. Dem Spaß taten diese Umstände allerdings keine Abbruch und so erreichten wir gegen 7.15 Uhr gut gelaunt den Biwakplatz. Wir schulterten unser restliches Equipment und setzten die Abfahrt fort. Und da wir uns nun auf der Windschattenseite des Berges bewegten, fanden wir hervorragende Bedingungen vor, so dass wir trotz der wackeligen und sehr kurzen Skier in engen Schwüngen den Hang hinab gleiten konnten. So erreichten wir ohne Gegenanstieg bald das Skigebiet Schattwald und konnten auf der bestens präparierten Piste die restlichen 300 Höhenmeter ins Tal zurücklegen, wo wir am Auto auf etwas verdutzt drein blickende Tourengänger trafen, die nicht so recht glauben wollten, dass wir bereits vom Gipfel abgefahren waren.

Tja und so hatten wir also das langersehnte Winterbiwak auf der Habenseite und konnten gute Erfahrungen für weitere Biwaks unter diesen Bedingungen sammeln. Allen die sich auf eine ähnliche Unternehmung einlassen wollen, können wir allerdings nur raten, sich vorher eine „gescheiten“ Schlafsack mit einem Komfortbereich bis unter 0°C zu besorgen, da es nachts schnell recht „frisch“ werden kann. Denn wie bei all unseren Aktivitäten gilt auch hier: gutes Equipment ist nicht alles, aber es macht doch vieles leichter.

Abfahrt mit Firngleitern

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Datum:
09.04.2003 bis 10.04.2003

Location:
Tannheimer Tal

Gipfel:
Bschießer (2000m)

Gebirgsgruppe:
Tannheimer Berge

Land:
Deutschland , Österreich

Kategorien:
Bergtouren , Sonstiges

Tags:
Biwak , Tannheimer Tal , Wochenendtour

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