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Expedition Gasherbrum II (8035m)

Einmal im Leben auf einem 8000er stehen! Diesen großen Traum vieler Bergsteiger habe auch ich viele Jahre geträumt, ihn schrittweise vorangetrieben und ihn mir schließlich am 18. Juli 2013 erfüllt.

Doch der Reihe nach... Alles begann vor gut 20 Jahren. Bereits in der Kindheit war ich von den Bergen begeistert und mit ungefähr 13 Jahren erzählte mir ein Bekannter auf einer Bergtour, dass der Mont Blanc (ein für mich damals unvorstellbar hoher Berg) technisch gar nicht mal so anspruchsvoll wäre. Von diesem Moment an begann ich mich für die hohen Berge der Alpen und später der Welt zu interessieren. Den Mont Blanc selbst versuchte ich mit 18 Jahren, dann folgten weitere 4000er und mehr und mehr brannte ich darauf immer höher hinaus zu kommen. Nach den 6000ern Sajama, Illimani und Huayna Potosi in Bolivien folgte 2009 die Ama Dablam in Nepal und spätestens nach dieser Reise stand für mich fest: Ich werde mir eines Tages den großen Traum einer 8000er Expedition verwirklichen.

2013 war es dann soweit. Ich hatte mich ausführlich informiert, die nötigen Rahmenbedingungen wie z.B. verlängerten Urlaub abgeklärt und nicht zuletzt meine Freundin überzeugt, die mich schließlich schweren Herzens aber doch voller Unterstützung ziehen lies. Ich hatte mich für den Gasherbrum II in Pakistan entschieden. Die „machbaren“ 8000er in Nepal waren mir zu überlaufen, zudem kannte ich das Land bereits aus zwei früheren Reisen und hatte Lust auf ein unbekanntes Land und eine mir unbekannte Kultur.

Am 08. Juni brach unsere 11-köpfige Expeditionsgruppe auf. Erwartungsgemäß war ich mit meinen 34 Jahren der jüngste Teilnehmer. Wir waren insgesamt 10 Bergsteiger sowie ein Bergführer aus Deutschland. 
Zunächst verbrachten wir einige Tage in Islamabad, erledigten administrative Dinge und Briefings und besuchten Moscheen und den hiesigen Markt. Von Islamabad aus ging es per Bus ins ca. 600km entfernte Skardu im Nordosten Pakistans, der letzten großen Stadt am Fuße der Karakorum-Berge. 600km, das bedeutet in Pakistan etwa 30 Stunden reine Fahrzeit, Pannen, Straßensperren und Kontrollposten noch gar nicht eingerechnet!
Von Skardu aus fuhren wir in einer weiteren Tagesreise mit Jeeps auf einer abenteuerlichen Schotterpiste mit teilweise hüfthohen Bachdurchquerungen nach Askole (2900m), dem letzten mit einem Fahrzeug erreichbaren Ort im Braldu-Tal.

In Askole wurden zunächst die einheimischen Träger engagiert. Wir hatten sage und schreibe 4000kg Expeditionsausrüstung zu transportieren, das bedeutete umgerechnet 160 Träger mit jeweils 25kg Last! Nach einer langen Prozedur mit Wiegen und etlichen Diskussionen waren schließlich alle Lasten verteilt und ordentlich dokumentiert und es konnte losgehen. Acht Trekkingtage (inkl. einem Ruhetag) und ca. 130km Fußmarsch bis ins Basislager auf 5100m warteten auf uns. Die Tage begannen in der Regel sehr früh. 4:00 Uhr aufstehen, packen, frühstücken, 5:30 Uhr Abmarsch. In einem sehr gemütlichen Tempo wanderten wir in Richtung Osten stets auf einem schmalen Pfad am Ufer des breiten Braldu-Stroms entlang. Die Landschaft war bereits hier von einer faszinierenden Schönheit geprägt. Eine spärliche Vegetation auf einem teils sandigen, teils felsigen Boden in den verschiedensten Braun- und Grautönen und das tief eingeschnittene Tal links und rechts von bereits mächtigen Bergketten eingerahmt. Nach 2 Tagen erreichten wir Paju (3500m), einen oasenartigen Lagerplatz direkt unterhalb des berühmten und riesigen Baltorogletschers. Zur besseren Akklimatisation und um den Trägern eine Verschnaufpause vor den kommenden Strapazen der Gletscherbegehung zu ermöglichen, legten wir einen kompletten Ruhetag ein.
Der Baltoro ist ein Gletscher von gewaltigem Ausmaß. Er erstreckt sich über eine Breite von schätzungsweise 400 bis 1000m und einer Länge von 70km. Das Gehen auf dem Gletscher ist bisweilen äußerst beschwerlich. Einen markierten Weg gibt es nicht, nach Neuschneefällen ist die Wegfindung schwierig und auch sonst ist das Gehen auf dem über und über mit Schutt und Steinen bedeckten Eis nicht immer einfach, wenngleich der Gletscher komplett seilfrei begangen werden kann.

Wir kamen nun eher langsam voran und legten Tagesettappen von 15km mit 300Hm und ca. 6-8 Stunden Gehzeit zurück. Was ich im Vorfeld noch für einen Scherz gehalten hatte, bestätigte sich nun in der Realität: Auf dem Baltorogletscher herrschte an schönen Sonnentagen eine unvorstellbare Hitze. Temperaturen in der Sonne von über 40°C waren an der Tagesordnung, zudem wehte oft kaum ein Lüftchen, so dass wir der Hitze beim Laufen ausgeliefert waren. Während des Trekkings passierten wir viele bedeutende und imposante Berge wie z.B. K2 (den zweithöchsten Berg der Welt), Broad Peak, Masherbrum, die Trango Towers oder die Kathedrale bevor wir am achten Tag unser Basislager zwischen der Gasherbrum-Gruppe und der Chogolisa, dem Schicksalsberg Hermann Buhls erreichten.

Hier begann nun die eigentliche Expedition und uns standen 4 Wochen für die Besteigung des Gasherbrum II zur Verfügung. Zunächst verbrachten wir ein paar Tage mit dem Aufbau des Basislagers sowie ersten Akklimatisationswanderungen in der näheren Umgebung. Die erste Herausforderung auf dem Weg ins Lager I (5950m) wartete bereits direkt nach dem Basislager auf uns. Es galt einen Weg durch den gewaltigen und mit Spalten und Seracs gespickten Abruzzi-Gletscherbruch zu finden und mit Fähnchen für die weiteren Auf- und Abstiege der kommenden Wochen zu markieren. Der Abruzzi-Gletscher endet in einer gewaltigen Ebene direkt im Herzen eines Kessels, der von den insgesamt sechs Gasherbrumgipfeln umgeben ist. In dieser Hochebene errichteten wir Lager I am Fuße der so genannten Bananaridge, einer markanten Firnrippe, die die Schlüsselstelle der gesamten Tour darstellte. Oberhalb der Rippe befand sich Lager II auf ca. 6500m, das letzte Hochlager III wurde auf etwa 6950m aufgebaut.

Doch wie beim Höhenbergsteigen üblich, arbeiteten wir uns Schritt für Schritt höher. Immer wenn wir ein Hochlager erreicht hatten, deponierten wir dort etwas Material, Gas und Essen und stiegen wieder komplett ab ins Basislager. Dann folgten 1-2 Ruhetage und der erneute Aufstieg in Etappen, wieder ein Lager höher. Nach 18 Tagen waren alle 3 Hochlager errichtet und wir hatten die Akklimatisationsphase beendet. Nun stieg die Spannung allmählich und wir informierten uns täglich bei Charly Gabel in Innsbruck über den Wetterbericht.
Am 12. Juli brachen wir schließlich zu unserem Gipfelversuch auf. Wie immer starteten wir um 1:30 Uhr morgens durch den Gletscherbruch und erreichten bereits um 9.00 Uhr Lager I. Diesen Weg legten wir mittlerweile schon zum 5. Mal zurück und ich war froh, dass es das letzte Mal war. Im Hochlager angekommen, erhielten wir die Nachricht aus Innsbruck, dass sich das Wetterfenster um einen Tag nach hinten verschieben würde, also beschlossen wir einen zusätzlichen Tag in Lager I zu verbringen und uns auszuruhen. Am 14. Juli machten wir uns in aller Ruhe auf den kurzen Weg nach Lager II auf, das wir bereits gegen Mittag erreichten. Den Rest des Tages verbrachten wir mit Schneeschmelzen, Essen, Trinken und Dösen. Der Wetterbericht war unverändert und so brachen wir einen Tag später bei Schneefall mit so wenig Gepäck wie möglich in Richtung Lager III auf, unserem letzten Camp auf knapp 7000m vor der finalen Gipfeletappe. Dort angekommen, erreichte uns eine schlechte Nachricht. Das Wetter sollte sich nicht wie ursprünglich vorhergesagt am 16. Juli, sondern erst einen Tag später bessern. Zwar waren unsere Vorräte knapp bemessen, dennoch entschieden wir uns den Gipfelgang um einen Tag zu verschieben. Doch unsere Geduld wurde auf eine noch härtere Probe gestellt. Am nächsten Tag ereignete sich dasselbe Spiel, wieder riet uns Charly Gabel um einen weiteren Tag zu verschieben, immer mit dem Versprechen, dadurch den perfekten Gipfeltag zu haben. Wir beratschlagten, kratzten alle verbliebenen Essensvorräte zusammen und entschieden uns dem Ratschlag und seiner Erfahrung zu vertrauen.

Und dann war es soweit. Am 17. Juli brachen wir um 23:00 Uhr in Richtung Gipfel auf. Wir starteten bei für diese Höhe relativ milden -17°C und es hatte allen Anschein, als sollte Charly Recht behalten. Die Wolken lichteten sich zusehends und der Mond kam hervor. Ganz langsam stiegen wir höher, zunächst über Firn, später ca. 250 Hm durch leichtes Felsgelände. Gegen 4:00 Uhr setzte die Dämmerung ein und uns bot sich ein gewaltiges Naturschauspiel. Wir waren nun auf ca. 7400m Höhe und damit bereits höher, als die meisten umliegenden Gipfel. Unter uns hingen etwa 1000m tiefer die Wolken in den Tälern und die höchsten Gipfel leuchteten bereits in den ersten Sonnenstrahlen. Gegen 6:00 Uhr machten wir unsere Frühstückspause und konnten nun ebenfalls die wärmende Morgensonne auf der Haut spüren. Spätestens hier war uns klar, dass wir mit aller Wahrscheinlichkeit den Gipfel erreichen würden und bislang waren die Verhältnisse ideal. Der Trittschnee war hart gefroren, die Sonne schien und es war nahezu windstill. Langsam stiegen wir weiter. Meter um Meter arbeiteten wir uns im Schneckentempo empor. Um 11:00 erreichten wir den Durchschlupf zur finalen Gipfelflanke.

Hier, auf ca. 7800m, entledigten wir uns der dicken Daunenjacken, dank Sonne und Windstille war es angenehm warm und man konnte im dünnen Funktionsshirt weiter gehen! Doch obwohl der Gipfel nun sichtbar vor uns lag, zog sich der Weg noch Stunde um Stunde dahin. Und dann stand der lange ersehnte Moment bevor. Der Gipfel war zum Greifen nahe und wir kletterten jeder zutiefst bewegt und wie in Trance die letzten Meter zum höchsten Punkt empor.

Bastian auf dem Gipfel des Gasherbrum II (8034m)

Am 18. Juli um 14:30 Uhr erreichten wir nach über 15 Stunden Aufstieg den Gipfel des 8035m hohen Gasherbrum II! Und das alles, wie von Charly Gabel versprochen, bei einmaligen äußeren Bedingungen, die sich niemand zu träumen gewagt hätte. Überglücklich fielen wir uns in die Arme und genossen diesen für alle Tage unvergesslichen Moment.

Einmal im Leben auf einem 8000er stehen, diesen großen Traum hatte ich über Jahre geträumt und nun hatte ich ihn mir erfüllt. Das Gefühl war in diesem Moment und ist nach wie vor atemberaubend und nahezu unmöglich in Worte zu fassen. 

Bastian Guggenberger

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Datum:
08.06.2013 bis 20.07.2013

Location:
Karakorum

Gipfel:
Gasherbrum II (8035m)

Gebirgsgruppe:
Karakorum

Land:
China , Pakistan

Kategorien:
Hochtouren

Tags:
Expediton , 8000er , Gasherbrum II , Hochtour

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Ein top Begleiter auf solch einer Expedition ist die Suunto Ambit Peak 3. GPS-Tracking, Höhenmesser, Pulsmesser sind verbunden mit vielen tollen Funktionen. Sogar die Uhrzeit wird angezeigt ;-)


Tolle Berichte zu den 14 Achtausendern!